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Re-Education

22. September 2022 – 27. Februar 2023
SculptureCenter, New York

Das SculptureCenter freut sich, „Henrike Naumann: Re-Education“ anzukündigen, die erste Ausstellung der in Berlin lebenden Künstlerin in den Vereinigten Staaten. Naumanns Installationen mit Möbeln und Designobjekten sind als Szenen komponiert, die drängende und dauerhafte Fragen stellen: Wie ist das Verhältnis zwischen Design und Ideologie? Wie sollte man die Politik des Designs lesen? Beeinflusst durch ihre eigenen prägenden Jahre, in denen sie in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) und dann im vereinten Deutschland aufwuchs, befasst sich Naumann in ihren Arbeiten häufig mit den gesellschaftlichen Veränderungen, die der westliche Konsumkapitalismus in den ehemaligen sozialistischen Staaten ausgelöst hat, und mit den Vorstellungen vom „guten Leben“, die weltweit (wenn auch ungleichmäßig) entstanden sind. Naumann setzt sich mit den vielen heute sichtbaren Nebenwirkungen auseinander: Millennial-Bourgeoisie, sozioökonomische Unzufriedenheit, antagonistische Orientierungen gegenüber politischer Macht und virulenter Extremismus. Ihre Installationen sind Fallstudien über anhaltende kulturelle Momente, ungelöste politische Fragen am Küchentisch und die Fähigkeit des Designs, die Vergangenheit zu versöhnen oder neu zu entfachen. Ihre Installationen positionieren die Betrachtenden sowohl als Gefangene in einem unterdrückerischen System globaler Produktion als auch als freies Konsumsubjekt.

Im SculptureCenter hat Naumann eine Ausstellung mit Dutzenden von Einrichtungs- und Haushaltsgegenständen entwickelt, die eine kritische Parodie auf die zweifelhafte „Hufeisentheorie“ darstellt. Die „Hufeisentheorie“ wurde in den 1930er Jahren in Deutschland entwickelt und in den 1990er Jahren wiederbelebt, um sowohl die Parameter der politischen Mitte festzulegen als auch den Links- und Rechtsextremismus als gleichwertige Bedrohung dieser Ordnung zu behandeln – als wären sie die beiden Enden eines Hufeisens, die sich von der Mitte wegbiegen und im gleichen Tempo außer Kontrolle geraten. Naumanns Ausstellung weist solche oberflächlichen und irreführenden Kategorisierungen von Zentren und Extremen zurück, indem sie eine idiosynkratische Untersuchung ländlicher Sensibilitäten in der amerikanischen Innenarchitektur durchführt, von Faux-Bois-Stühlen bis hin zu den Bauernhaustüren der vorstädtischen Cul-du-sac. Naumann betrachtet die Vereinigten Staaten als interessierte Außenstehende und nutzt vorgefundene Objekte, um überkommene Vorstellungen und Erwartungen an den demokratischen „Westen“ zu testen, ebenso wie den fragilen Idealismus und die Amnesie, die in den Normen bestimmter rustikaler zeitgenössischer Designprinzipien zum Ausdruck kommen. Naumanns Arbeiten eignen sich gut für eine Zeit, die sich sowohl der Diversität politischen Identifikationen als auch der Fehlinterpretation ästhetischer Hinweise bewusst ist. Sie fordern die Betrachtenden auf, sich auf eine konspirative Befragung über die tiefere Natur der Objekte einzulassen, die unser tägliches Leben bestimmen: Gibt es so etwas wie ein libertäres Sofa, einen linksextremen Hocker oder einen neokonservativen Sessel, und werden sie in verschiedenen Geschäften verkauft?

Naumanns Ausstellung bezieht sich auf zwei Phänomene: zum einen auf den Einsatz antifaschistischer „Umerziehungs“-Programme, die von den alliierten Streitkräften entwickelt wurden, um die Demokratie in Westdeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg wiederherzustellen, und zum anderen auf die spätere, implizite Selbst-„Umerziehung“ nach 1989 derjenigen, die in ehemaligen sozialistischen Staaten lebten. Für Naumanns Generation nach 1989 war die „Umerziehung“ durch eine importierte amerikanische Popkultur (Naumann nennt die Familie Feuerstein als Prüfstein) sowie eine durch Konsum zentral, denn im Wesentlichen zog der “Westen” durch Einzelhandel und Medien in die ehemals kommunistische Gesellschaft ein. Die Ausstellung umfasst auch einen Überblick über mehr als zehn Videoarbeiten von Naumann, die zwischen 2012 und 2022 entstanden sind.


Naumanns Projekt, das die geopolitischen Bedingungen der Ära des Kalten Krieges neu formuliert, eröffnet ein Bewusstsein dafür, wie wir inmitten der Ruinen der Ideologien des 20. Jahrhunderts leben, die von der US-Macht in den letzten Jahrzehnten exportiert und re-importiert wurden – besonders sichtbar für eine Generation, die geboren wurde, als sich der Kalte Krieg seinem Ende zuneigte. Mit trockenem Humor geht Naumann in ihrer Ausstellung der Frage nach, wie sich heutige und nachfolgende Generationen „umerziehen“, indem sie an einer sich ständig verändernden Wirtschaft teilhaben, sich an Designkonventionen anpassen oder sich umgekehrt an den Rand drängen, wenn sich ein vermeintliches politisches „Zentrum“ im Laufe der Zeit ausdehnt und zusammenzieht.

Henrike Naumann: Re-Education wird kuratiert von Kyle Dancewicz, stellvertretender Direktor des SculptureCenter, mit Christopher Aque, Ausstellungs- und Programmmanager. Kuratorischer Assistent des Projekts: Leo Cocar.


Unterstützt von LEAP.
Zusätzliche Unterstützung für Henrike Naumann: Re-Education wird vom Institut für Auslandsbeziehungen e.V. und dem Goethe-Institut New York unterstützt.

Besonderer Dank geht an Materials for the Arts (MFTA).

Die Ausstellungen und Programme des SculptureCenter werden von Carol Bove, Lee Elliott und Robert K. Elliott, Richard Chang, Jill und Peter Kraus, der Anna-Maria und Stephen Kellen Foundation, Barbara und Andrew Gundlach, Jacques Louis Vidal, Miyoung Lee und Neil Simpkins, Eleanor Heyman Propp, Libby und Adrian Ellis, Candy und Michael Barasch, Sanford Biggers, Jane Hait und Justin Beal sowie Amy und Sean Lyons unterstützt.

Photos: Charles Benton

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